09.11.1989 · Hörwerk.
Kaiserklamm. Und. Kirchenwirt.
Kaiserklamm
Grundmaterial der Geräuschebene ist das Original-Tosen der Brandenberger Ache in der Kaiserklamm in Tirol. Dieses Klammtosen wird in allen erdenklichen Original-Erscheinungsformen geräuschdramaturgisch eingesetzt. Das so dramatisierte Klammtosen ist wiederum die Grundlage für den Einsatz der Sprechhaltungen der Textinterpretation. Das Geräusch bedingt Schreien, Rufen, Brüllen. Oder Flüstern, wenn als Bruch der Hörgewohnheit vollkommene Stille eintritt. Oder es wird vor dem fröhlichen Murmeln und Plätschern der Ache der Text jubelnd und jodelnd eingesetzt.
So wird der Text einerseits in seiner Geräuschfunktion in die Dramaturgie einbezogen. Auf der anderen Seite soll der Wechsel von Hochdeutsch (Schiedsrichter 1) zu starkem Dialekt (Schiedsrichter 2) ein weiteres Klangelement darstellen, das natürlich auch bedeutungskonstituierend wirksam wird. Der Sinn des Textes kann durchaus der Geräuschdramaturgie geopfert werden und bruchstückhaft keine Bedeutung haben. Oder durch Zufall völlig neue Bedeutungen herstellen.
Das Element Dialekt soll in den plan eingefügten O-Ton-Interviews von Besuchern der Kaiserklamm weiterverwendet werden. Möglichst viele verschiedene Dialekte und Klangfärbungen des deutschen Sprachraumes sollen aufgenommen werden. Die Interviews sollen eine Beschreibung des Hörraums – also der Kaiserklamm – durch alle fremdenverkehrstechnischen Klischees von Naturbetrachtung ergeben.
Kirchenwirt
In diesem Fall bildet die Geräuschebene Wirtshauslärm: Stille, Fliegen über dem Stammtisch, Krügel auf der Schank, bis zu lautem Gegröhle. Diese Geräusche spielen die gleiche Rolle wie das Klammtosen in Kaiserklamm. Der Text wird ebenso eingesetzt, und O-Ton-Interviews dienen wiederum der Beschreibung des Schauplatzes in Fremdenverkehrsklischees. Wieder sollten möglichst viele deutsche Dialekte zu hören sein.
aus: Christian Fuchs, Theater von Frauen – Österreich, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, 1991, S.112 (zit nach www.Kunstradio.at)