21.09.2018 · Text.
Klarstellung.
An die Chefredaktion
Rheinische Post
Pressehaus Düsseldorf
Zülpicher Straße 10
D-40196 Düsseldorf
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie haben am 19.9. einen Bericht über eine Lesung von mir mit dem Titel versehen: „Marlene Streeruwitz schimpft auf Europa“. Diese Lesung war vom Literaturbüro NRW organisiert und fand in der Reihe „Europa erlesen“ statt.
Nun ist es so, daß ich mit keinem Wort „auf Europa schimpfte“. Bei den gewählten Ausschnitten der Lesung und des Diskurses ging es darum darzustellen, was der Weiterentwicklung eines demokratischen Europas zuwiderläuft, was die Gründe dafür sein mögen und welche Wege einer Verstärkung der europäischen Demokratie vorstellbar wären.
Eine der Strategien gegen ein demokratisches Europa – wie gegen Demokratisches überhaupt – ist der Einsatz von Fake News, um extreme Politiken zu begründen. Mit dem Titel „Marlene Streeruwitz schimpft auf Europa“ als vollkommen unrichtige Berichterstattung erfüllen Sie als Medium den Tatbestand von Fake News. Die Wortwahl des Verbs „schimpfen“ bedient sich dazu noch eines niedrigen Tons. Die, durch das „Schimpfen“ verbundenen Sinneinheiten Streeruwitz und Europa werden emotional negativ eingefärbt. Damit fügen sie Europa und mir Schaden zu.
Sie mögen meinen, es sei nicht wichtig, wie eine nicht sehr bedeutende Veranstaltung beschrieben wird. Wenn ich aber nun von meinem Wissen über das Auseinanderklaffen von Wirklichkeit und Berichterstattung ausgehe, dann ergibt das, daß ein regionales Leitmedium wie die Rheinische Post journalistische Sorgfalt gegen das Erzeugen von Fake News eintauschte.
Erhaltung und Ausbau eines demokratischen Europas hängen auch vom Vertrauen in das ab, was überkommene Medien genannt werden kann. Es ist Ihre Verantwortung, diesem Vertrauen gerecht zu werden. Im übrigen kann ich mir nicht vorstellen, daß ein solcher Titel das Interesse an ihrer Zeitung steigert. Sollte das Ziel eine vorsätzliche Abwertung von mir gewesen sein, dann hätten Sie doch wenigstens Europa aus dem Spiel lassen müssen. Oder meinen Sie, durch eine Abwertung von mir, eine Aufwertung Europas herstellen zu können? Dann wiederum hätten Sie das Wort „schimpfen“ nicht verwenden sollen, das gleichermaßen Beschimpfer oder Beschimpferin und Beschimpftes auf eine ungenau aggressive Ebene hinabzerrt.
Ich werde sicherlich in Düsseldorf nie mehr zu Europa lesen und damit erübrigt sich jede weitere Beschäftigung mit diesem Vorfall. Als Beispiel für das Versagen liberaler Eliten angesichts der Bedrohung von Rechts läßt sich dieser Vorfall aber schon erzählen, ging es doch darum, vorurteilsfrei zuzuhören und zu berichten.
Mit freundlichen Grüßen
Marlene Streeruwitz