2002 · Sammelband.
Nachtrag.
in: Tagebuch der Gegenwart.16.3.2000
Was für Franz Fuchs als Auftragsstruktur in der Sprache im Nationalen Triebfeder seiner Taten wurde, das gilt für die Frauen in einem viel höheren Masse. Ja. Es betrifft uns so tief am Grund unserer Existenz, daß wir oft gar nicht in der Lage sind, diese Aufträge zu entschlüsseln. Uns das verbieten müssen. So schrecklich ist die Erkentniss, daß Frauenhass, Frauenverachtung tief und grundlegend in unserer Sprache eingebaut ist. So ist so eine Bemerkung, der Euro sei eine Fehlgeburt. Das ist so schnell hingesagt. Jeder und jede nickt dazu. Fehlgeburt. Schiefgegangen. Mißgeburt. Der Vorgang der Fehlgeburt wird mit Versagen gleichgesetzt. Ein Versagen, das auf Frauen zurückgeführt wird. Auf den weiblichen Körper. Ohne es aussprechen zu müssen, ist die Verachtung der Frau gesagt worden. Manche befällt ein Unbehagen. Mehr wird nicht zugelassen. Wie sollte frau auch verlangen, daß eine der großen und immer privat gehaltenen Tragödien weiblichen Lebens zur Beschreibung des Versagens eines Währungssystems herangezogen werden kann.Das ist umständlich. Das muß lange argumentiert werden. Aber. In einer öffentlichen Aussage ist einmal mehr und unwidersprochen Verachtung der Frau archiviert. Ist eingelagert. Kann wirksam werden und wird das. In öffentlich erlaubter Verachtung. Das kann in der Politik dann mit der Leugnung der Frau als Subjekt der Politik ausgedrückt werden. Das führt dazu, daß uns die Türen noch weniger chevaleresk vor der Nase zugeworfen werden. Und. Das Beispiel Franz Fuchs zeigt, es gibt Personen, die lesen diese in der Sprache verborgenen Aufträge ganz wörtlich. Die beschränken sich dann nicht auf den üblichen Weg, am Stammtisch den 33. Schwiegermutterwitz zu erzählen. Die beseitigen das verachtete Ungewünschte. Ein Lustmörder erledigt wie Franz Fuchs das Nationale den Frauenhass einfach nur eine Spur genauer als die anderen.
Erschienen in: Tagebuch der Gegenwart, Böhlau Verlag Wien, 2002